Ganzheitliche Hilfe bei Kopfschmerzen & Migräne

Ganzheitliche Hilfe bei Kopfschmerzen & Migräne

Kopfschmerzen und Migräne können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen – sei es bei der Arbeit, in der Freizeit oder im Umgang mit Familie und Freunden. Doch müssen wir uns damit abfinden? 

Schätzungen zufolge leiden hierzulande zwei von drei Menschen unter vorübergehenden oder anhaltenden Kopfschmerzen. Die häufigsten Formen sind Spannungskopfschmerzen und Migräne. Die herkömmliche Medizin bietet oft nur begrenzte Möglichkeiten zur Behandlung. Doch es gibt auch andere Wege – ganzheitliche Ansätze, die den Menschen als Ganzes betrachten und nicht nur die Symptome behandeln.

Was aus ganzheitlicher Sicht dahinter steckt und wie Therapeuten und Patienten Kopfschmerzen und Migräne wirksam lindern können, hat uns die Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, diplomierte Osteopathin und Schmerzspezialistin Dr. med. Lisa Junike im Interview verraten.

Interview mit Fachärztin und Schmerzspezialistin Dr. med. Lisa Junike

Frau Dr. Junike, wie sind Sie persönlich zum Thema Kopfschmerzen und Migräne gekommen?

Dieses Thema ist neben dem unteren Rückenschmerz das zweithäufigste Problem, mit dem ich mich in der Sprechstunde beschäftige. Mit meinem ganzheitlichen Konzept haben viele meiner Patienten den Weg aus ihrem Kopfschmerz bzw. ihrer Migräne gefunden. Heilung ist hier aus bestimmten Gründen nicht immer möglich, aber eine Reduktion der Intensität und der Häufigkeit ist fast immer drin.

Die klassische Therapie setzt stark auf Schmerzmittel. Was machen Sie anders?

Ich habe beobachtet, dass einer der Hauptauslöser erhöhte Spannungen sind, weshalb ich auch postuliere, dass nahezu jedem Migräneanfall ein vorheriger Spannungskopfschmerz vorausgeht. Und dieser Spannungskopfschmerz ist definitiv behandelbar. Im besten Fall kommt es dann überhaupt nicht mehr zum Ausbruch eines Migräneanfalls. Zur Behandlung dürfen durchaus Schmerzmittel gehören – aber eben nicht nur. 

Für mich ist ein entscheidender Bestandteil der Kopfschmerztherapie die Schulung der Patienten. Letztendlich sind es viele kleine Tipps, die zum Erfolg führen und mit denen die Patienten lernen, Spannungen frühzeitig zu erkennen und zu verringern.
 

Wo sehen Sie die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne?

Bei den Symptomen gibt es deutliche Unterschiede zwischen „normalen“ Kopfschmerzen und Migräne. Ein halbseitiger, pochender Kopfschmerz, Übelkeit mit Erbrechen, eine hohe Licht- und Geräuschempfindlichkeit – das alles sind typische Merkmale einer Migräne, die bei anderen Kopfschmerzen deutlich seltener oder schwächer auftreten. 

Ganz anders sehe ich das bei der Therapie: Für mich gibt es normalerweise keinen Unterschied zwischen der Behandlung von „normalen“ Kopfschmerzen und Migräne. In beiden Fällen betrachte ich dieselben Faktoren, die häufig an der Schmerzentstehung beteiligt sind: Schädel, Wirbelsäule, Biss, Muskeln, Faszien, Ernährung, Flüssigkeitshaushalt usw. Was genau zu tun ist, hängt dann vom individuellen Befund ab. Das gilt für „normale“ Kopfschmerzen ebenso wie für Migräne. 
 

Welche Rollen spielen für Sie die Faszien bei Kopfschmerzen?

Eine sehr wichtige Rolle – der Hauptschmerz bei Spannungskopfschmerz ist ein Faszienschmerz – „es zieht vom Nacken über den Schädel nach vorne“. Das Ausstreichen der Faszien kann oft zu einer sofortigen Linderung von Kopfschmerzen führen. Auch das Ausrollen der Fußsohle, deren Faszienzüge bis zu den Augenbrauen reichen, kann Kopfschmerzen sofort lindern. Das Spannende dabei: Dafür braucht es nicht immer einen Arzt oder Therapeuten. Nach entsprechender Anleitung kann der Patient selber viel zur eigenen Faszienpflege beitragen.
 

Sie achten auch auf die Augen. Warum?

Die Nackenmuskulatur ist mit der Augenmuskulatur verknüpft. Kommt es zum Beispiel zur Überanstrengung der Augenmuskulatur – z.B. beim Nutzen von Gleitsichtbrillen – verspannt sich automatisch die Nackenmuskulatur. Auch Menschen mit einer nicht erkannten Fehlsichtigkeit überbeanspruchen ihre Augenmuskulatur, um ein scharfes Bild zu erhalten. Das überträgt sich wiederum auf die Nackenmuskulatur und führt sehr häufig zu Kopfschmerzen.
 

Wie wichtig ist die Ernährung?

Meines Erachtens spielt die Ernährung bei vielen – insbesondere auch chronischen – Erkrankungen eine wichtige Rolle. Meinen Patienten, die regelmäßig unter Kopfschmerzen oder Migräne leiden, empfehle ich vor allem, sparsam mit Zucker und Auszugsmehl (Weißmehl, Weizenmehl Typ 405) umzugehen. Dieses helle Mehl liefert nur noch einen Bruchteil der im Getreide ursprünglich enthaltenen Mineralien. Zugleich enthält es im Verhältnis zu viel Stärke, die im Körper in Zucker umgebaut wird. Zucker wiederum fördert eine Übersäuerung im Gewebe, was letztendlich zu einem sehr festen Bindegewebe führt – womit wir wieder bei den Kopfschmerzen wären.
 

Auf welche Mikronährstoffe kommt es bei Kopfschmerz-Patienten besonders an?

Die Klassiker sind natürlich Magnesium für die Muskelfunktion und B-Vitamine für die Nerven.* Meinen Patienten empfehle ich meist zusätzlich Nahrungsergänzungen mit Alpha-Liponsäure und Coenzym Q10. Entscheidend ist eine hohe Qualität der Nahrungsergänzungsmittel. Das heißt vor allem: hochwertige Rohstoffe und keine Aromastoffe, Süßstoffe, Laktose oder Weichmacher in der Kapsel, da sie die Wirkung der „guten Stoffe“ herabsetzen. 

Haben Sie noch weitere Tipps für Migräne- und Kopfschmerz-Patienten?

Ja gern. Es gibt einiges, was die Patienten selber – zu Vorbeugung und im Akutfall – tun können.
 

  1. Ein einfacher aber wertvoller Tipp ist, viel klares Wasser zu trinken! Am besten trinken Sie gleich bei den ersten Kopfschmerzanzeichen einen Liter Wasser. Möglichst aus Glasflaschen oder – bei guter Trinkwasserqualität – aus der Leitung, bitte keine dünnwandigen Plastikflaschen oder plastikhaltige Filter verwenden.
  2. Meinen Kopfschmerz-Patienten empfehle ich gern Walken mit weiten Schritten an der frischen Luft. Am besten in der Natur und ohne Nordic-Walking-Stöcke.
  3. Ein einfaches, aber wirksames Mittel sind tägliche Dehn- und Anspannungs-Übungen. Einmal 10 bis 15 Minuten am Tag reichen schon.
  4. Meinen Patienten zeige ich zudem, wie sie ihre Faszien regelmäßig mit den Fingern ausstreichen können. Ein einfaches Ritual, dass die meisten als überaus wohltuend empfinden.
  5. Ob bei der Ernährung, Kleidung oder im Wohnumfeld: Es lohnt sich Umweltbelastungen so gut wie möglich zu meiden. Das gilt besonders für Menschen, die zu Kopfschmerzen und Migräne neigen.
  6. Niemand muss allein mit seinen Kopfschmerzen fertig werden. Suchen Sie sich ganzheitliche Unterstützung.

 

Das sind natürlich nur allgemeine Empfehlungen, einfache Dinge, die jeder für sich ausprobieren und so seinen eigenen Weg im Umgang mit Kopfschmerzen und Migräne finden kann. 

Vielen lieben Dank, Frau Dr. Junike. Wir wünschen Ihnen und Ihren Patienten alles Gute!

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