09.01.25
Äpfel als heimisches Superfood – Auch für Allergiker?
Dabei sind Äpfel nicht nur unglaublich vielseitig, sondern auch wahre Kraftpakete für die Gesundheit. Besonders einheimische Apfelsorten bieten viel mehr, als man auf den ersten Biss vermuten würde.
Doch nicht jeder Apfel ist gleich: Während moderne Züchtungen häufig vor allem auf Wirtschaftlichkeit und Optik ausgelegt sind, punkten alte Sorten mit individuellem Geschmack, Widerstandsfähigkeit, wertvollen sekundären Pflanzenstoffen wie Quercetin und besserer Verträglichkeit – vor allem für Allergiker.
Hier erfahren Sie, was es sonst noch um das einheimische Superfood zu entdecken gibt.
An Apple a Day – Was macht Äpfel so gesund
Auch nach über 100 Jahren hat das bekannte englische Sprichwort „An apple a day keeps the doctor away“ nichts von seiner Aktualität verloren. Im Gegenteil: Forschungen lassen uns immer besser verstehen, warum Äpfel so gesund sind:
- Ballaststoffe: Äpfel sind reich an löslichen und unlöslichen Ballaststoffen wie Pektin und Cellulose. Sie sorgen für ein längeres Sättigungsgefühl, wirken präbiotisch, d.h. sie dienen nützlichen Darmbakterien als Nahrung, füllen den Darm, erleichtern die Verdauung und sind fester Bestandteil jeder darmgesunden Ernährung. Polyphenole: Im Fruchtfleisch von Äpfeln stecken besonders viele
- Polyphenole, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören und als natürliche Antioxidantien unsere Zellen vor oxidativem Stress schützen.2 In der Schale finden sich vor allem Anthocyane und Flavonole wie das bekannte Quercetin.2
- Vitamin C: Vitamin C wirkt ebenfalls als Antioxidans* und unterstützt das Immunsystem**.3
- Wenig Fett und Kalorien: Ein mittelgroßer Apfel kommt auf knapp 100 Kilokalorien.
Rund 20 Kilogramm Äpfel verbraucht jeder in Deutschland pro Jahr.1
Damit ist der Apfel seit Jahren die beliebteste Obstsorte.
Warum moderne Apfelsorten nicht mehr braun werden
Im Supermarkt finden sich vor allem neue, glänzende Apfelsorten, die nicht so schnell braun werden und süßer schmecken. Eine zentrale Rolle spielt der Polyphenol-Gehalt. Grund für die unerwünschte Braunfärbung ist nämlich die Oxidation von Polyphenolen. Sie wird in Gang gesetzt, wenn Äpfel nach dem Schälen, Reiben oder Anschneiden mit Sauerstoff in Kontakt kommen. Dabei entstehen Zwischenstoffe, die sich zu braunen bis schwarzen Melaninen vernetzen.2
Mit zwei Tricks sorgen Züchter dafür, dass Äpfel länger hell bleiben: Polyphenole werden herausgezüchtet.
- Bei Äpfeln wie Golden Delicious, Granny Smith und Fuji wurde das für die Oxidation verantwortliche Enzym (Polyphenol-Oxidase, PPO) durch Züchtung verändert.
- Seit 2017 werden in den USA auch gentechnisch veränderte „Artic Apples“ vermarktet, bei denen das Enzym PPO durch Gentechnologie abgeschaltet wurde.
Alte Sorten – die unterschätzen Schätze
Aus konventionellen Supermärkten sind alte Apfelsorten weitgehend verschwunden. Zu Unrecht, wie wir finden:
- Alte Sorten schmecken oft intensiver, haben ein eher säuerliches, leicht herbes Aroma. Jede Sorte besitzt ein individuelles Geschmacksprofil und eine große Vielfalt an Aromen, z. B. würzig, nussig oder blumig.
- Alte Sorten stehen für eine größere genetische Vielfalt.
- Sie sind meist besser an die regionalen Bedingungen angepasst, damit robuster gegen Schädlinge und Krankheiten – und kommen entsprechend mit weniger Spritzmitteln aus.
- Alte Apfelsorten enthalten im Schnitt mehr Vitamin C.
- Das Fruchtfleisch alter Apfelsorten enthält meist deutlich mehr Polyphenole.
- Alte Apfelsorten wie Alkmene, Goldparmäne und Roter Boskoop werden im Vergleich zu neuen Sorten wie Braeburn, Golden Delicious und Granny Smith von Allergikern oft deutlich besser vertragen.2, 5, 6
Von Allergikern meist
Eher unverträgliche
Apfelsorten
Eine ausführliche Liste von besonders gut verträglichen, allergenarmen Apfelsorten finden Sie beim BUND Lemgo.7
Kreuzallergien – Birkenpollen-assoziierte Apfelallergie
Wenn im Frühjahr nicht nur die Augen jucken, sondern beim Biss in den Apfel auch noch die Zunge brennt, kann eine Kreuzallergie dahinterstecken. Verantwortlich dafür sind allergene Eiweißstrukturen von Pollen, die Proteinen in bestimmten Lebensmitteln ähneln.
Die häufigste Obstallergie in Deutschland ist mit rund vier Millionen Betroffenen die Birkenpollen-assoziierte Apfelallergie.2 Studien zeigen, dass bei rund zwei Dritteln der Birkenpollenallergiker auch Kreuzreaktionen auf Lebensmittel wie Äpfel, Karotten oder Haselnüsse auftreten.8 Eine zentrale Rolle spielt dabei das Apfelallergen Mal d 1, das typischerweise zu Brennen auf der Zunge oder Lippenschwellungen führt. Da das Allergen empfindlich gegenüber Hitze, Säure und Oxidation ist, können Betroffene mit der richtigen Zubereitung die Verträglichkeit spürbar verbessern.2
Auch Polyphenole schützen zu einem gewissen Grad vor allergischen Reaktionen, indem sie Apfel-Allergene unschädlich machen.2
Tipps für Allergiker
Sie reagieren allergisch auf Äpfel, möchten aber nicht komplett auf dieses leckere Superfood verzichten? Diese Tricks könnten Ihnen helfen:
- Versuchen Sie es einmal mit alten Sorten – ideal sind z.B. Kaiser Wilhelm, Weißer Klarapfel, Zuccalmaglios Renette, Ontario und Dülmener Rosenapfel.2, 7
- Erhitzte, geschälte sowie aufgeschnittene und gebräunte Äpfel werden meist besser vertragen. Apfelkuchen, Apfelmus, Apfelgelee und pasteurisierter Apfelsaft sind bei einer Mal d 1 bedingten Allergie meist kein Problem.
- Erst kleine Mengen testen. Durch den regelmäßigen Verzehr kleiner Mengen gut verträglicher Äpfel lässt sich in vielen Fällen die Toleranz gegenüber Äpfeln steigern.
- Bei Kreuzallergien während der Heuschnupfenzeit eher auf Äpfel verzichten.
- Insbesondere während der Pollensaison zusätzliche Belastungen wie Alkohol, Stress, Lebensmittel-Zusatzstoffe, Umweltgifte usw. reduzieren.
Bio die bessere Wahl – auch bei Äpfeln
Weniger Pestizide
Auswertungen von Spritzbüchern durch das Münchner Umweltinstitut9 haben gezeigt, wie intensiv konventionelle Äpfel gespritzt werden. Allein im Jahr 2017 wurde jede Apfelplantage in Südtirol im Schnitt 38-mal mit Pestiziden behandelt. Dabei kamen über 80 verschiedene Pestizidwirkstoffe zum Einsatz – vor allem Glyphosat, aber auch das vermutlich krebserregende und fruchtbarkeitsschädigende Fungizid Fluazinam. Bei mehr als der Hälfte der Einsätze wurden mehrere Mittel kombiniert – bis zu neun verschiedene an einem Tag. Dabei warnen Wissenschaftler immer wieder vor solchen Gift-Cocktails, deren Wirkung noch völlig ungeklärt ist.10
Kein Wunder also, dass konventionelle Äpfel regelmäßig Pestizidrückstände aufweisen, während Bio-Äpfel nachweislich nur gering oder gar nicht belastet sind.11, 12
Gesünderes Mikrobiom
Hätten Sie gedacht, dass ein einziger Apfel mehr als 100 Millionen Bakterien beherbergt? Viele davon gelangen beim Essen in den Darm und bereichern die Vielfalt unseres Darmmikrobioms. Doch es gibt Unterschiede: Während in einer Studie13 bei konventionellen Äpfeln potenziell schädliche Keime weit verbreitet waren, fanden sich diese bei keinem Bio-Apfel. Dafür punkteten die Bio-Äpfel mit mehr nützlichen Milchsäurebakterien. Bei frischen Bio-Äpfeln kommt noch eine größere Artenvielfalt hinzu.
Tipps für den Apfelkauf
- Bio und regional sind die bessere Wahl – für die Umwelt und die Gesundheit
- Alte Sorten finden Sie häufiger in Bioläden, auf Wochenmärkten, im lokalen Hofladen oder auf Streuobstwiesen
- Kaufen Sie saisonal: Je frischer der Apfel, umso wertvoller ist er für Ihren Körper
- Mit gelben Bändern gekennzeichnete Apfelbäume laden in einigen Regionen zum Selberpflücken für den Eigenbedarf ein.14
*Hinweise
Quellen
- https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung/versorgungsbilanzen/obst-gemuese-zitrusfruechte-schalen-und-trockenobst (Abruf vom 13.12.2024)
- Kschonsek, J.: Untersuchungen zum Polyphenolprofil alter und neuer Apfelsorten sowie zum Einfluss phenolischer Verbindungen auf die in-vitro-Allergenität. Dissertation, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2020
- „Health-Claim-Verordnung“, Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012: „Vitamin C trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.“ „Vitamin C trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei.“
- TransGen: In den US-Supermärkten: Äpfel, die nicht bräunen (Abruf am 20.12.2024)
- https://www.oekotest.de/essen-trinken/Apfel-Allergiker-aufgepasst-Diese-Apfelsorten-sind-besser-vertraeglich_600725_1.html (Abruf am 18.12.2024)
- Karl-Christian Bergmann, K-C: Die Apfelstudie 2016/2017. https://www.ecarf.org/wp-content/uploads/details-apfelstudie.pdf (Abruf am 18.12.2024)
- https://www.bund-lemgo.de/download/01_Apfelallergie_pdf_Plakat_2_Sortenliste2022_11.pdf (Abruf am 18.12.2024)
- EDARF: Birke-Obst-Nuss-Gemüse-Syndrom. 27.10.2020 (Abruf am 18.12.2024)
- Umweltinstitut München e.V.: Pestizide im Vinschgauer Apfelanbau. 2023 (Abruf am 18.12.2024)
- Braun G. et al.: Neurotoxic mixture effects of chemicals extracted from blood of pregnant women. Science 386, 301–309, 2024.
- Umweltinstitut München e.V.: Untersuchung zeigt: Konventionelle Äpfel mit Pestizid-Cocktail belastet (Abruf am 18.12.2024)
- Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES): Äpfel – Knackig, rund und frei von Pflanzenschutzmittelrückständen? 2023 (Abruf am 18.12.2024)
- Wassermann B., Müller H., Berg G.: An apple a day: which bacteria do we eat with organic and conventional apples? Front. Microbiol., 24.07.2019
- Ernteaktion ‚Gelbes Band‘: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/ernteaktion-gelbes-band.html (Abruf am 18.12.2024)